Die Ehrenamtspauschale gereicht nicht zur Ehre

Über die angebrachte/gerechtfertigte Höhe der Ehrenamtspauschale wurde unter uns ehrenamtlich Betreuenden schon mehrfach diskutiert. Jetzt, durch einen Artikel in der Zeitung der Lebenshilfe aktiviert, habe ich zusammenfassende Informationen zum KostBRÄG2025 (Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz) gesucht und gefunden; siehe weiter unten.

Für das Detailstudium ist der Link 

https://www.gesetze-iminternet.de/vbvg_2023/BJNR092500021.html hilfreich.

Bemerkenswert im Gesetz ist die Spreizung der Vergütung über den Ausbildungsgrad eines Betreuenden. Im §8 des Änderungsgesetzes werden für die gleichen Tätigkeiten sehr unterschiedliche Geldbeträge ausgewiesen. Beispiel für eine Vergütung bei vergleichbaren Randbedingungen: Ein zu Betreuender ist mittelos und wohnt in einer stationären Einrichtung bekommt der Betreuende für die ersten 3 Monate je Monat der Betreuung als

  •  „ungebildeter“ Betreuender                   194 € 
  • „hochschulgebildeter“ Betreuender        317 €

Nach 2 Jahren hat sich die Vergütung auf, Monatsbeträge gerechnet, verringert auf:

  • „ungebildeter“ Betreuender                      78 €
  • „hochschulgebildeter“ Betreuender        127 €

So wird es in der Tabelle aus dem Anhang zum Gesetz ausgewiesen. Das Tabellenwerk der Vergütung ist 3-geteilt.

  1. Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer weder über eine abgeschlossene Lehre noch über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung verfügt;
  2. Vergütungstabelle B, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt;
  3. Vergütungstabelle C, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt

Herrn Mustermann müsste, als „ungebildetem“ Betreuer eines stationär wohnenden zu Betreuenden – mit einem mittellosen Sohn, der seit mehr als zwei Jahrzehnten stationär in einer Einrichtung wohnt - heute eine Ehrenamtspauschale entsprechend der Vergütungstabelle von Jährlich 78 x 12 = 936 € zustehen! Nach dem Gleichheitsprinzip: Gleiche Arbeit gleicher Lohn! Ganz zu schweigen von dem entgangenen Betrag aus der kumulierten jahrzehntelangen Minderbewertung durch die ausgezahlte Ehrenamtspauschale. Der ehrenamtlich Betreuende hätte heute nur ca. 50% davon! Da fühlt sich Herr Mustermann irgendwie diskriminiert.

Alle reden und schreiben im Zusammenhang mit beeinträchtigten Menschen über Inklusion, Gleichberechtigung, Antidiskriminierung, Sozialgesellschaft, Grundwerte usw. Der Gesetzeber hat uns mit einer Fülle von Gesetzen und Verordnungen bedacht. Grundgesetz, BGB, SGB 1bis12, AGG, BGG, KostBRÄG 2025, PsychKHG, PSG I, PSG II, GKV-VstG, SchwbG, SchwbWV, BTHG, UN-BRK und …… noch werdende Gesetze.

Diese Gesetze und Verordnungen sollte ein Betreuender kennen, befolgen und erforderlichen Falls zum Wohle seines betreuten Menschen auch einklagen. Welch eine Mammutaufgabe für einen ehrenamtlich Betreuenden.

Jetzt frage ich mich wirklich, wo ich mich als ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer mit einem abgeschlossenen Studium als Ing. (gad.) phys. Techn. einordnen kann/darf/muss? 

Ich höre sie schon, die Zwischenrufe: 

Systemischer Fehler durch fehlende Einbindung der ehrenamtlichen Betreuung, kommt ein Jurist daher.

„Das Gesetz hat einen Webfehler“, verstärkt ein ehrenamtlich Betreuender. Er käme als ehrenamtlicher in dem Gesetz gar nicht vor. Ist die daraus resultierende Informationspolitik des Gesetzgebers absichtlich? Dann wäre es ein glatter Verstoß gegen das AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz)

Spezialausbildung ruft da einer. Das macht Herr Mustermann mehr als wett durch seine Jahrzehnte lange Erfahrung.

„Ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen“, Argumentierten Berufsbetreuer. Bei statistisch ca. 40 zu Betreuende also 40 x 127 = 5000 €, monatlich  m i n d e s t e n s. denn es sind im Gesetz noch viele Zuschläge beschrieben. 

Anmerkung: Berufsbetreuer haben i.d.R. noch eine „Nebenerwerb“ als Anwälte, was in der persönlichen Betreuung eher hinderlich ist.

Auf große Defizite bei der Pflege durch Berufsbetreuer in persönlicher Kontaktpflege weisen ehrenamtlich Betreuende und Betreuungsvereine hin. Der Teil der notwendigen emotionalen Betreuung von Angesicht zu Angesicht bleibt bei ca. 40 zu Betreuenden nur eine geringe Priorität. Gegenüber i.d.R. nur einem zu Betreuenden der ehrenamtlich Betreuenden ist ein häufigerer Kontakt von Angesicht zu Angesicht nicht verwunderlich.

Politisch werden falsche Anreize gesetzt. Familienrichter haben mit der Bestimmung von Berufsbetreuern zwar ein leichteres Spiel, aber ….es geht, wie gerade ausgeführt, letztlich zu Lasten der Betreuten.

Der folgende Text ist aus dem DATEV-Magazin:

Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 21. März 2025 der vom Bundestag beschlossenen Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung zugestimmt. https://www.datev-magazin.de/?s=Neuregelung+der+Vorm%C3%BCnder-+und+Betreuerverg%C3%BCtung+ 

Anpassung an Tarif und Bürokratieabbau

Das Gesetz führt ein neues Vergütungssystem für Berufsbetreuerinnen und -betreuer sowie Vormünder ein und erhöht die Vergütungssätze. Ziel der Neuregelung ist es, die Vergütung an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst anzupassen. Außerdem sollen die Amtsgerichte als auch die Betreuerinnen und Betreuer von unnötigem bürokratischem Aufwand entlastet werden, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Vereinfachungen bei Betreuervergütung

Das seit 2005 weitgehend unveränderte Vergütungssystem wird neu geregelt und vereinfacht. Statt 60 einzelner Vergütungstatbestände gibt es künftig nur noch 16 monatliche Fallpauschalen. Ihre Höhe richtet sich nach der Betreuungsdauer – hier sind künftig nur noch zwei, statt bisher fünf relevante Zeiträume vorgesehen. Auch für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer enthält das Gesetz Neuerungen. Beispielsweise erhöht sich der Berechnungsfaktor, wenn sie die Aufwandspauschale geltend machen.

Erhöhungen bei Vormündern und Pflegschaften

Für berufsmäßige Vormünder, Verfahrenspfleger, Umgangspfleger, Ergänzungspfleger und Nachlasspfleger bleibt das bisherige Vergütungssystem erhalten. Allerdings sieht das Gesetz eine Erhöhung entsprechend der Inflation seit 2022 vor. Darüber hinaus schafft es mit Sondervergütungen Anreize zur Übernahme von Pflegschaften.

Anpassungen bei Rechtsanwalts- und Justizkosten

Das Gesetz passt ebenfalls die Rechtsanwaltsvergütung, die Gerichtkosten (auch in Familiensachen), die Gerichtsvollzieherkosten, die Notarkosten sowie die Justizverwaltungskosten an.

Inkrafttreten

Die Neuregelungen der Vormünder- und Betreuervergütung treten zum 1. Januar 2026 in Kraft. Die Änderungen bei Anwalts- und Justizkosten treten größtenteils am ersten Tag des zweiten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

Bundesrat fordert Ausgleich der Mehrausgaben

In einer begleitenden Entschließung begrüßt der Bundesrat die Ziele des Gesetzes. Die Änderungen im Kosten- und Vergütungsrecht führten jedoch zu erheblichen Mehrausgaben bei den Ländern. Ein angemessener Ausgleich durch den Bund sei bisher nicht vorgesehen. Sie fordern daher, die jährliche Verteilung des Umsatzsteueraufkommens anzupassen. Die Bundesregierung solle sich zeitnah mit den Ländern über die Kostenkompensation verständigen, fordert der Bundesrat.

Soweit die Zusammenfassung aus dem DATEV-Magazin. 

Welche Taten sollten Folgen? Ich bitte um Kommentare.

Mit herzlichen Grüßen

Karl Eichler

Konstanz im Juni 2025

 

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.